Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhold Lang | Chefarzt
Stellen sich nach einer Mahlzeit plötzlich und unerwartet krampfartige, starke Schmerzen im rechten Oberbauch ein, liegt die Wahrscheinlichkeit nahe, dass es sich um Gallenkolik-Symptome handelt. Denn üppiges und/oder fettiges Essen ist oft der Auslöser für eine Gallenkolik. Dabei muss es sich nicht zwangsweise um das Oktoberfest-Eisbein handeln, sondern auch ein opulentes Stück Torte oder hart gekochte Eier können die Kolik auslösen.
Die eigentliche Ursache, die zu den Schmerzen führt, sind häufig ein oder mehrere Gallensteine, da sie ab einer gewissen Größe den Gallenfluss in den Zwölffingerdarm behindern. Denn die Muskeln, die Gallenblase und Gallengang umhüllen, versuchen mit aller Kraft, das Hindernis in den Darm abzutransportieren.
INHALTSVERZEICHNIS
Bei einer Gallenkolik handelt es sich um die Verkrampfung von Gallenblase und Gallengang aufgrund eines Gallenflussstaus. Ursächlich für den Stau der Gallenflüssigkeit sind Hindernisse, die die ableitenden Gallenwege bzw. den Ausgang der Gallenblase komplett oder teilweise verstopfen (blockieren). Die krampfartigen Schmerzen entstehen, wenn es der Muskulatur durch Kontraktionen nicht sofort gelingt, die Blockade zu beseitigen bzw. zum Abgang in den Zwölffingerdarm zu transportieren.
Die Dauer einer Gallenkolik hängt vom Erfolg der Muskeln ab. Denn die Schmerzen klingen erst ab, wenn der Gallenfluss wieder hergestellt ist. Bis es soweit ist, können 15 Minuten bis mehrere Stunden vergehen.
Die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie bietet Ihnen ein breites diagnostisches und therapeutisches Spektrum. Im Bereich der Allgemein- und Viszeralchirurgie verfügen wir über vielfältige Behandlungsmöglichkeiten der inneren Organe (z.B. Galle, Leber, Magen, Milz, Darm und Thorax (Brustkorb)) und Weichteile. Durch die moderne Ausstattung der Klinik und die hohe Kompetenz der Mitarbeiter werden viele Operationen im minimal invasiven Verfahren (Schlüsselloch-Chirurgie) oder roboter-assistiert durchgeführt, welche eine schnelle Heilung unserer Patienten ermöglicht. Für alle Eingriffe stehen uns und damit Ihnen modernste Geräte und Instrumente zur Verfügung, seit 2020 auch der da Vinci Xi Roboter.
Die Klinik für Innere Medizin Schongau bietet das gesamte Spektrum internistischer Behandlungen an. Arbeitsschwerpunkte sind die Therapie von Erkrankungen des Verdauungstrakts (Gastroenterologie) und der Leber. Zudem ist unser Team spezialisiert auf Lungenerkrankungen (Pneumologie) und Nierenerkrankungen (Nephrologie) .
Neben dem Anspruch, immer die höchste medizinische Qualität zu garantieren, legen die Ärzte und Pflegekräfte großen Wert auf einen persönlichen Umgang mit den Patienten. Denn die langjährige Erfahrung zeigt, wie wichtig und heilungsfördernd ein enges, vertrauensvolles Verhältnis zwischen medizinischem Personal und Patient ist.
Die enge Zusammenarbeit mit den Spezialisten aus den unterschiedlichen Fachbereichen ermöglicht eine optimale Versorgung unserer Patienten.
Gallenkoliken können durch psychische oder organische Ursachen ausgelöst werden. Bevor jedoch näher darauf eingegangen wird, soll zunächst kurz die Aufgabe der Galle (Gallenflüssigkeit) im menschlichen Körper erklärt werden.
Produziert wird die Gallenflüssigkeit in der Leber. Die Gallenblase dient als Speicherort für die Galle und wird zur Verdauung von Fetten über den Gallengang in den Zwölffingerdarm gepumpt. Deshalb ist es nicht weiter verwunderlich, dass eine Gallenkolik nach dem Verzehr von bestimmten Speisen auftritt.
Zu diesen gehören u. a.
Begünstigende Faktoren für die Steinbildung sind beispielsweise
Im Englischen und Amerikanischen wird von den sogenannten „sechs-F“ gesprochen, die die Bildung von Gallensteinen begünstigen:
Allerdings muss zu den „sechs-F“ angemerkt werden, dass zunehmendes Alter die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei der Häufigkeit von Gallensteinen rein statistisch nahezu ausgleicht.
Wie bei den organischen Ursachen kommt es auch bei den psychischen zu einem verminderten Gallenfluss. Der Grund dafür liegt jedoch nicht an einem „Hindernis“, sondern daran, dass die Muskulatur, die die Gallengänge umhüllt, nicht einwandfrei funktioniert. Der Mediziner bezeichnet diese „Fehlfunktion“ als Gallenwegsdyskinesie. Als Auslöser kommen psychische Belastungen wie beispielsweise
in Frage.
Die organische Ursachen für eine Gallenkolik sind:
Denn letztendlich führen sie auf die eine oder andere Weise dazu, dass der Transport der Gallenflüssigkeit behindert wird.
Die häufigste Ursache für eine Gallenkolik sind Gallensteine (Gallenkonkremente). Sie werden beschrieben als kristallisierte Ausfallprodukte der Gallenflüssigkeit. Ein Gallenstein (Cholelith, vom Altgriechischen „chole“ für Galle und „lithos“ für Stein) entsteht, wenn ein Ungleichgewicht zwischen löslichen und steinbildenden Stoffen in der Galle herrscht. Begünstigt wird die Steinbildung auch, wenn die Gallenflüssigkeit nicht benötigt wird, wie zum Beispiel in Hungerphasen, und sie in der Gallenblase eindickt und kristallisiert (Hypomotilität der Gallenblase).
Zudem wird zwischen verschieden Gallensteinarten nach der Zusammensetzung unterschieden:
Ob die Gallensteine zu einer Gallenkolik führen, hängt von ihrer Größe ab. So bilden sich oft sogenannte stumme (asymptomatische) Gallensteine, die keine Beschwerden auslösen, da sie zu klein sind, um Gallenblase oder Gallengang zu beeinträchtigen.
Problematisch wird es jedoch, wenn sie eine bestimmte Größe erreichen. Denn als feste Körper in einem flüssigen Milieu können sie den Fluss der Galle dermaßen beeinflussen, dass es zu einer Gallenkolik kommen kann. Je nach Lage der Steine wird unterschieden zwischen
Hat sich die Gallenblase entzündet, können sich ihre Wände verdicken. Dies kann zu einem verminderten Gallenfluss führen. Eine häufige Ursache für die Entzündung sind Gallenblasensteine, die ihrerseits zusätzlich das Fließen der Gallenflüssigkeit behindern können.
Eine Gallenkolik kann plötzlich und unerwartet auftreten. Die typischen Gallenkolik-Symptome sind sehr starke Schmerzen. Ein unspezifisches Druck- und Völlegefühl im oberen Bauch gepaart mit einem vergleichsweise leichten Schmerz, kann ein Gallenkolik-Anzeichen sein, das abgeklärt werden sollte, schon allein deswegen, um den Schmerzen einer Gallenkolik zu entgehen.
Für Betroffene bedeutet eine Gallenkolik nichts anderes als Schmerz. Der Mediziner spricht hingegen von erinnerlichen Schmerzepisoden, was die Heftigkeit der Schmerzen zum Ausdruck bringt. Da die Bezeichnung „Schmerz“ für eine Ärztin / einen Arzt eine äußerst diffuse Aussage darstellt, werden Gallenkolik-Schmerzen, wie andere auch, nach ihrer Art und dem Ort (Lokalisation) beschrieben:
Obwohl sich rein gedanklich Bewegungsdrang und Schmerzen ausschließen, ist dieser neben dem Schmerz nahezu typisch bei einer Gallenkolik. Da der Drang ausgelöst wird, um die Schmerzen zu lindern, sollte ihm nachgegeben werden. Denn Bewegung kann helfen, die Gallensteine abzutransportieren.
Als Allgemeinsymptome können auftreten:
Gallenkolik-Anzeichen, die den Verdauungstrakt betreffen, sind:
Da eine Gallenkolik bei Betroffenen starke Schmerzen im Oberbauch verursacht, mag die Frage nach der Diagnosefindung eigenartig erscheinen. Aus der Sicht des Mediziners ist dem aber nicht so, da Schmerzen im Oberbauch nicht zwangsläufig Gallenkolik-Symptome sein müssen. Denn es kann sich beispielsweise auch um eine Magenerkrankung oder eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) handeln. Deswegen muss die Ärztin / der Arzt feststellen, ob der Schmerz tatsächlich von der Galle herrührt, damit die richtige Behandlung eingeleitet werden kann.
Um eine Gallenkolik zu diagnostizieren, werden folgende Verfahren angewendet:
Die Anamnese ist die professionelle Erfragung von relevanten Informationen. Da dabei auch die Krankengeschichte eine Rolle spielt, wird sie umgangssprachlich oft als KrankenVORgeschichte bezeichnet. Im Rahmen der Anamnese werden in Bezug auf eine Gallenkolik Fragen zu folgenden Themen gestellt:
Bei der körperlichen Untersuchung wird der Bauch abgetastet. Des Weiteren kommt das sogenannte Murphy-Zeichen zur Anwendung. Dafür legt die Ärztin / der Arzt einen Finger an den unteren Rand des rechten Rippenbogens. Die Patientin / der Patient wird aufgefordert, kräftig einzuatmen, da sich dadurch die Gallenblase abwärts bewegt und gegen den aufgelegten Finger drückt. Ist sie entzündet, wird ein Druckschmerz gespürt, der die vorzeitige Beendigung des tiefen Einatmens bewirkt.
Im Labor kann die Ursache für eine Gallenkolik anhand verschiedener erhöhter Werte abgeklärt werden, wie zum Beispiel
Zudem kann das Ergebnis einer Blutsenkung auf Entzündungen der Gallenblase bzw. des Gallengangs hinweisen.
Im Rahmen der apparativen Diagnostik kommen
als bildgebende Verfahren zum Einsatz.
Eine Ultraschalluntersuchung ist das wichtigste Verfahren, um Gallensteine nachzuweisen. Bei einer Sonographie des Bauchraums lassen sich fast immer Gallenblasensteine belegen, die größer als fünf Millimeter sind. Außerdem lässt sich feststellen, ob die Gallenblasenwand verdickt ist, was bei einer Gallenblasenentzündung der Fall sein kann.
Um mögliche Gallengangssteine besser zu entdecken, wird eine Endosonographie durchgeführt. Bei dieser wird vom Mund aus ein dünner, biegsamer Schlauch mit einem Ultraschallkopf zur Einmündung des Gallengangs in den Zwölffingerdarm geführt, um „eine bessere Sicht“ auf den Gallengang zu ermöglichen.
Mit einer ERCP lassen sich Gallensteine sowohl in der Gallenblase als auch im Gallengang gut erkennen. Außerdem können kleinere Steine bereits bei der Untersuchung entfernt werden.
Bei einer MRCP werden die Gallenwege mittels Magnetresonanztomographie (MRT, auch Kernspintomographie genannt) zur Abklärung von Gallensteinen untersucht.
Die Behandlung einer Gallenkolik verfolgt zum einen das Ziel, im akuten Fall die Schmerzen zu lindern, zum anderen die Ursache aufzulösen.
Die Schmerzen bei einer akuten Gallenkolik werden mit schmerzstillenden und krampflösenden Medikamenten (Spasmolytika und Analgetika) behandelt. Enthaltene Wirkstoffe sind beispielsweise
Da Gallenkoliken das Ergebnis eines Problems in der Gallenblase bzw. im Gallengang sind, treten sie immer wieder auf. Daher ist es notwendig, die Ursache zu behandeln. Wie und in welcher Form dies stattfindet, hängt davon ab, was ursächlich für die Gallenkolik ist. Im besten oder schlimmsten Fall, das liegt im Auge des Betrachters, wird die Gallenblase sofort nach Abklingen der Kolik entfernt (Cholezystektomie).
Die Entfernung der Gallenblase erfolgt bei
Außerdem wird die Gallenblase entfernt, wenn sich (zu) viele kleine Steine in ihr befinden oder ein Gallenstein den gesamten Hohlraum ausfüllt.
Der Eingriff selbst erfolgt
Da die Operation als komplikationsarm gilt, wird sie den nicht-operativen Behandlungsmöglichkeiten vorgezogen.
Bei sogenannten auflösenden Medikamenten handelt es sich um Mittel, die künstliche Gallensäure enthalten. Allerdings lassen sich damit nur nicht verkalkte Cholesterinsteine behandeln, die kleiner als fünf Millimeter sind und sich nicht in der Gallenblase befinden. Die Behandlungsdauer liegt zwischen 12 und 18 Monaten. Die Auflösungsrate beträgt ungefähr 70 Prozent. Da das Risiko einer erneuten Bildung von Gallensteinen bei über 50 Prozent liegt, wird diese Methode heute nur bei speziellen Einzelfällen angewendet.
Das ESWL-Verfahren wird heute kaum mehr angewendet.
Eine Gallenkolik mit vorbeugenden Maßnahmen zu verhindern, ist kaum möglich, da die Bildung von Gallensteinen in der Regel nicht wahrgenommen wird, solange keine Beschwerden auftreten. Trotzdem bleiben Sie nicht ganz machtlos, sondern können etwas zur Vorbeugung tun.
So kann eine gesunde, ballaststoffreiche, ausgewogene und fettarme Ernährung dazu beitragen, dass es gar nicht zur Bildung von (oder nur von stummen) Gallensteinen kommt. Des Weiteren sollten Sie auf Ihr Gewicht achten und sich regelmäßig bewegen.