Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhold Lang | Chefarzt
Das Krankheitsbild Nabelbruch klingt im ersten Moment sehr beunruhigend. Tatsächlich ist die Erkrankung jedoch zunächst bei den meisten Betroffenen nicht unmittelbar lebensbedrohlich. Um es aber gar nicht zu einem solchen Zustand kommen zu lassen, sollte eine Behandlung erfolgen. Erwachsene benötigen meist eine Nabelbruch-OP, deren Risiken aber gering sind. Bei Neugeborenen, die häufig einen Nabelbruch aufweisen, wird in der Regel nichts unternommen – die Krankheit heilt überwiegend von selbst aus. Die im Fachjargon Nabelhernie bezeichnete Krankheit geht manchmal mit keinerlei Symptomen einher, welche die Lebensqualität des Betroffenen einschränken. Andere Patienten berichten von Nabelbruch-Symptomen wie Schwellungen, ein Druckgefühl oder ziehende Beschwerden im Bauch oder Schmerzen.
Die körperliche Schonung ist bzgl. der Beschwerden bei einem Nabelbruch hilfreich und nach der Operation für die Heilung in der ersten Zeit sehr förderlich. Hier erfahren Sie zudem, was Sie vorbeugend tun können, wenn Sie zu einer der Risikogruppen gehören!
INHALTSVERZEICHNIS
Die Wortgebung des Nabelbruchs mag Sie überraschen. Denn entgegen des Namens handelt es sich nicht um einen klassischen Bruch wie bei einem gebrochenen Knochen. Stattdessen besteht eine Schwachstelle oder eine Lücke in der Bauchwand, welche dafür sorgt, dass sich eigentlich im Bauch befindliches Gewebe nach außen stülpt. Betroffen ist der Bereich der Bauchdecke im Bereich des Nabels. Die Schwachstelle ist durch den embryonalen Durchtritt der Nabelschnur bedingt, die sich nach der Geburt in aller Regel verschließt – deswegen wird bei Neugeborenen auch zugewartet. Der Fachbegriff für die entstandene Ausstülpung von Bauchinhalt heißt Bruchsack. Der Nabelbruch selbst heißt in der Fachsprache auch Nabelhernie.
Bei einem gewöhnlichen und in seiner Ausprägung kleinen Nabelbruch treten üblicherweise nur geringfügige Beschwerden auf. Trotzdem ist bei Erwachsenen eine Operation oft unumgänglich, um schwere Verläufe zu verhindern. In von vornherein ausgeprägten Fällen, bei denen die Ausstülpung neben (Fett-)Gewebe auch Eingeweide enthalten kann, kann der Nabelbruch mit Symptomen wie Schmerzen einhergehen.
Die angeborene Variante des Krankheitsbildes beruht auf dem natürlichen Vorgang während der Entwicklung eines Embryos. Zu einem frühen Zeitpunkt der Schwangerschaft kann der kleine Körper des Embryos die schnell wachsenden Eingeweide nicht vollständig innerlich aufnehmen. Daher befinden sich zum Beispiel Dünndarmschlingen als Ausstülpung außerhalb des embryonalen Körpers. Vor der Geburt bildet sich dieses Phänomen bei einem Großteil der Babys automatisch zurück.
Ist das nicht der Fall, zeigt sich der angeborene Nabelbruch manchmal bis ins Kleinkindalter. Trotzdem besteht kein Grund zur Beunruhigung bei den Eltern, wenn sie einen Nabelbruch erkennen. Der kindliche, angeborene Nabelbruch heilt überwiegend von selbst (ca. bis zum drittenLebenjahr).
Beim erworbenen Nabelbruch entwickelt sich das Krankheitsbild erst im Erwachsenenalter. Das hat auch anatomische Gründe: Der Bauchnabel begünstigt die Bruchbildung, allein aufgrund der Tatsache, daß hier ehemals ein Durchtritt der Nabelschnur zum Mutterkuchen bestanden hat. Das Bindegewebe ist in diesem Bereich somit eher schwach und anfällig für Einflüsse wie starken Druck.
In bestimmten Lebensumständen oder bei falschen Verhaltensweisen (Stichwort: Lasten heben) kann die Nabelhernie entstehen. Bei Erwachsenen heilt er nicht mehr spontan aus. Die Notwendigkeit einer Nabelbruch-OP ist deshalb deutlich wahrscheinlicher als bei einem angeborenen Nabelbruch.
Die Nabelbruch-Definition nennt als Risikofaktoren das von Natur aus schwache Bindegewebe, das durch weitere Einflüsse weiter leiden kann. Dazu gehört Übergewicht, welches den Körper strapaziert und unter Umständen für ein dauerhaft größeres Bauchvolumen und per se für einen höheren Druck in der Bauchhöhle sorgt. Auch schwangere Frauen unterliegen der Gefahr eines Nabelbruchs (starke Dehnung der Bauchdecke). Durch den Embryo ist der Bauch während der Schwangerschaft ständigem Druck ausgesetzt, wobei gleichzeitig auch der Umfang mit dem Wachstum des Babys zunimmt.
Zudem können Krankheiten wie Bauchwassersucht oder das zunehmende Alter, in dem die Bindegewebsschwäche zunimmt, Einfluss nehmen. Je mehr Schwangerschaften eine Frau hinter sich hat, desto eher steigt das Risiko eines späteren Nabelbruchs im Alter. Weitere Nabelbruch-Ursachen sind scheinbar harmlose Aktivitäten wie falsches und schweres Heben von Lasten, welches den Druck auf den Bauchraum erhöht, und starkes Husten.
Es gibt keine typischen ersten Warnsignale für einen Nabelbruch, was die Diagnose erschweren kann. Die meisten Nabelhernien bleiben zunächst unbemerkt oder fallen nur aufgrund der leichten Schwellung oder unspezifischer, ziehender Beschwerden auf.
Bei Säuglingen ist die Ausstülpung des Nabels meist sichtbar und kann mehrere Zentimeter messen. In der Regel lässt sie sich einfach in die Bauchhöhle zurückschieben. Das gilt auch bei leichten Nabelbrüchen von Erwachsenen. Außer einer Schwellung, die sich manchmal sogar nur beim Husten oder bei körperlicher Anstrengung offenbart, muß nicht unbedingt ein Nabelbruch-Symptom vorhanden sein.
Komplikationen ergeben sich, wenn ein größerer Nabelbruch dafür sorgt, dass Teile der Bauchorgane im Bruchsack landen. Dann leiden die Betroffenen an starken Schmerzen. Die Schwellung lässt sich nicht mehr in den Bauch zurückdrücken und wird als nicht-reponibler oder gar eingeklemmter Nabelbruch bezeichnet.
Hinzu kommen kommen Nabelbruch-Symptome wie
ACHTUNG: Da die Organe im Bruchsack eingeklemmt werden können, besteht bei dieser Variante des Nabelbruchs sogar Lebensgefahr – eine Notfallsituation!
Die Diagnose Nabelbruch stellt der Arzt aufgrund einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung des Bauches. Ein erster Ansprechpartner ist der Hausarzt. Die Ausstülpung durch die Nabelhernie kann in der Regel ertastet, manchmal auch mit bloßem Auge aufgrund der Schwellung gesehen werden. In diesem Fall ist es einfach, den Nabelbruch zu erkennen.
Es wird durch den Mediziner überprüft, ob ein reponibler oder nicht-reponibler Nabelbruch vorliegt, also ob sich der Bruchsack einfach zurück in die Bauchhöhle schieben lässt oder nicht. Ist das nicht der Fall, schafft u.U. eine Ultraschalluntersuchung Klarheit darüber, ob die Organe im Bruchsack schon eingeklemmt wurden. Weitere Therapien wie eine Nabelbruch-OP sind dringend erforderlich.
Haben Sie einen Säugling mit angeborenem Nabelbruch in der Familie, sollten Sie regelmäßig den Kinderarzt aufsuchen. Üblicherweise ist keine spezielle Behandlung vonnöten, die Nabelhernie sollte jedoch engmaschig beobachtet werden.
Vermuten Sie einen Nabelbruch bei sich, haben aber keine oder nur wenig Nabelbruch-Symptome? Dann lassen Sie ihn trotzdem ärztlich abklären. So erfahren Sie, ob und in welcher Ausprägung ein Nabelbruch vorliegt. Im Erwachsenenalter kommen Sie meist nicht um eine Operation herum, die jedoch zur ärztlichen Routine gehört und maximal eine Stunde dauert.
In speziellen, eher seltenen Fällen wird endoskopisch operiert und ein großes Kunststoffnetz von innen vor die Lücke in der Bauchdecke platziert.
Bei starken Bauchschmerzen und nicht mehr zurückdrückbarer Schwellung sowie bei Nabelbruch-Symptomen, ggf. zusätzlichen Symptomen wie Fieber und Herzrasen besteht Lebensgefahr und Sie sollten sofort einen Notarzt rufen!
Die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie bietet Ihnen ein breites diagnostisches und therapeutisches Spektrum. Im Bereich der Allgemein- und Viszeralchirurgie verfügen wir über vielfältige Behandlungsmöglichkeiten der inneren Organe (z. B. Galle, Leber, Magen, Milz, Darm und Thorax (Brustkorb)) und Weichteile. Im Bereich Nabel- und Leistenbruch sind wir mit dem DHG Siegel Qualitätsgesicherte Hernienchirurgie ausgezeichnet.
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Die Prognose bei einer Nabelhernie ist grundsätzlich gut. Säuglinge benötigen in den allermeisten Fällen nicht einmal eine konkrete Nabelbruch-Behandlung. Doch auch, wenn die Erkrankung eine Therapie erfordert, sind die Heilungschancen vielversprechend.
Spätestens wenn sich bereits Teile der Bauchorgane in die Ausstülpung des Nabelbruchs geschoben haben, ist eine Nabelbruch-OP erforderlich. Suchen Sie Ihren Hausarzt auf oder stellen sich bei stärkeren Beschwerden direkt im Krankenhaus vor oder rufen bei entsprechenden Notfallsymptomen unverzüglich einen Krankenwagen.
Infolge der Nabelbruch-Operation besteht die Gefahr eines sogenannten Rezidivs – der Nabelbruch tritt dann erneut auf, was insgesamt aber sehr selten ist. Sie vermeiden das durch eine sorgfältige Nachsorge und indem Sie sich ausreichend schonen, nachdem Sie operiert wurden. Weitere Operationsrisiken sind Blutergüsse oder eine Wundinfektion, welche evtl. mit einem passenden Antibiotikum therapiert werden können.
Bei Säuglingen bildet sich die Hernie in etwa neun von zehn Fällen allein zurück. Üblicherweise schließt sich die bestehende Lücke, wenn die Bauchmuskeln mit dem Alter auf natürliche Weise stärker werden. Einige Kinder haben den Nabelbruch mit zwei oder drei, andere erst mit vier Jahren überstanden. Da er in weniger gravierenden Fällen aber ohne Symptome auftritt, haben Sie als Elternteil nichts zu befürchten, sofern sie ihn regelmäßig vom Kinderarzt untersuchen lassen. Dieser wird den Nabelbruch erkennen und im weiteren Verlauf beobachten.
Auch Schwangere können nach der Schwangerschaft auf einen alleinigen Rückgang des Nabelbruchs hoffen. Unterstützend dazu können sie bestimmte Übungen im Rahmen der Rückbildungsgymnastik machen. Sollte sich die Nabelhernie nicht zurückbilden, ist ein Arzt zu konsultieren, der über weitere Maßnahmen wie eine Nabelbruch-OP entscheidet.
Erwachsene, bei denen eine Nabelhernie ohne vorausgegangene Schwangerschaft auftritt, müssen eher operiert werden. Wenn die Operation als Behandlung des Nabelbruchs erforderlich wird, richtet sich das gewählte Verfahren nach den folgenden Faktoren:
Auch der Zeitpunkt der Nabelbruch-OP ist individuell festzulegen. So wird beispielsweise eine Frau nach der Schwangerschaft frühestens einige Wochen, nachdem sie entbunden hat, operiert. Eine Ausnahme bildet natürlich ein medizinischer Notfall, der lebensbedrohlich ist und keinen Aufschub duldet.
Das Verfahren zur Beseitigung der Nabelhernie kann als klassische, offene Operation oder (sehr viel seltener) endoskopisch umgesetzt werden. Je nach Methode wird eine örtliche Betäubung (selten) bzw. ein Dämmerschlaf oder eine Vollnarkose vorgenommen, wobei die Vollnarkose häufiger Anwendung findet. Vorteil: Sie bekommen von dem Verfahren nichts mit.
Die Operationen zielen auf den Verschluss des Bruchs in der Bauchdecke (Bruchlücke), manchmal wird zusätzlich ein Kunststoffnetz eingenäht. Dieses stabilisiert als Ergänzung den empfindlichen Bauchbereich in schweren Fällen von Nabelbruch, also Bruchlücken über 2 cm Durchmesser.
Ein erneutes Auftreten des Nabelbruchs ist eher wahrscheinlich, wenn Sie sich nicht ausreichend schonen. Daher gilt: Wenn der Nabelbruch erfolgreich operiert wurde, ist Sportverzicht, insgesamt körperliche Schonung angeraten. Normale Bewegungen und das Ausüben von Alltagstätigkeiten sind nach der Operation meist innerhalb weniger Tage wieder möglich. Das hängt natürlich auch von dem Erfolg der Wundheilung ab. Leichte sportliche Aktivitäten wie Radfahren, Nordic Walking oder Joggen können nach etwa zwei oder drei Wochen wieder aufgenommen werden. Sehr anstrengende und/oder den Bauch betreffende Sportarten sollten sicherheitshalber zwei Monate pausieren.
Schwere Lasten (ab fünf Kilogramm) sollten zumindest in den ersten zwei bis drei Wochen nach der Nabelbruch-OP nicht getragen werden. Generell sind sie bei Risikogruppen für den Nabelbruch zu vermeiden. Der normale Schmerz nach einer Operation, der unter Belastung stärker wird ist das klassische Signal, noch etwas langsam zu tun.
Manchmal wird Ihnen als Betroffenem eine Nabelbruch-Bandage empfohlen, wenn der Nabelbruch nicht von selbst abheilt. Dabei handelt es sich um ein festes Band, welches die Bauchdecke stabilisiert. Nicht alle Experten sind jedoch von ihrem Nutzen überzeugt. So soll sie die Organe davon abhalten, in den Bruchsack zu gelangen und somit ein Einklemmen verhindern. Sie ist allenfalls eine Ausnahme bei schwerstkranken Menschen, die nicht operiert werden können und ist eigentlich mehr historisch. Daher wird Ihnen im Zweifelsfall eher zu einer Nabelbruch-OP geraten.
Wenn Sie zu den Risikopatienten für einen Nabelbruch gehören, also beispielsweise ein schwaches Bindegewebe aufweisen oder bald schwanger werden möchten, können Sie gezielte Übungen durchführen. Diese stärken die Bauchmuskulatur und wappnen sie gegen die Nabelhernie.
Versuchen Sie, Übergewicht durch einen gesunden Lebensstil und ausreichend Bewegung zu vermeiden. Eine ausgewogene Ernährung hilft nicht nur beim Abnehmen, sondern pusht auch das Immunsystem und verbessert Ihr Allgemeinbefinden.
Schweres Heben ist ebenfalls ein Risikofaktor, da der Druck im Bauchraum und somit auf die Bauchdecke zunehmen kann. Als Risikopatient sollten Sie, so gut es geht, grundsätzlich auf das Tragen schwerer Lasten verzichten.