Jedes Jahr erleiden rund 250.000 Menschen in Deutschland einen Schlaganfall. Allein im Krankenhaus Weilheim wurden 2024 knapp 300 Schlaganfall-Patienten behandelt. Der Weg zurück in den Alltag ist für Betroffene oft eine große Herausforderung – rund die Hälfte von ihnen ist auch ein Jahr nach dem Ereignis noch auf fremde Hilfe angewiesen. Um diesen Menschen zur Seite zu stehen, hat das Bayerische Rote Kreuz (BRK) Weilheim-Schongau in Kooperation mit der Deutschen Schlaganfallhilfe ein besonderes Ehrenamtsprojekt ins Leben gerufen: die Ausbildung von Schlaganfall-Helferinnen und -Helfern.
Ein Ehrenamt, das Leben verändert
16 engagierte Menschen haben sich dieser Aufgabe gestellt und eine 40-stündige Schulung absolviert. Ihre Motivation ist vielfältig – einige von ihnen sind selbst von einem Schlaganfall betroffen, andere begleiten Angehörige durch diese herausfordernde Situation. Andere wiederum suchten nach einem sinnvollen und nachhaltigen Ehrenamt, das ihnen die Möglichkeit gibt, Gutes zu tun. Was sie jedoch alle verbindet, ist ihre Bereitschaft, anderen zu helfen und Mut zu machen. Die Schlaganfall-Helferinnen und -Helfer begleiten Betroffene nach dem Krankenhaus- und Reha-Aufenthalt und unterstützen sie in verschiedenen Lebensbereichen:
- Alltagsbewältigung: Unterstützung beim Einkaufen oder Begleitung zu Arztterminen
- Emotionale Stärkung: Zuhören, Mut machen und Ängste abbauen
- Aktivierung & Motivation: Spaziergänge oder Begleitung zu Reha-Maßnahmen
- Organisatorische Hilfe: Unterstützung beim Ausfüllen von Anträgen oder Vermittlung zu Selbsthilfegruppen
- Beratung zu Hilfsangeboten: Orientierungshilfe bei zusätzlichen Unterstützungsmöglichkeiten
Fundierte Schulung durch Experten
Damit die Ehrenamtlichen bestens auf ihre verantwortungsvolle Aufgabe vorbereitet sind, wurden sie von hochqualifizierten Fachleuten geschult. Die Inhalte der Schulung umfassten medizinische Grundlagen, Kommunikationsstrategien und sozialrechtliche Themen. Dazu gehörten unter anderem:
- Dr. Sandra Boy, Neurologin am Krankenhaus Weilheim: Medizinische Grundlagen und Besuch der Stroke Unit
- Sophie Babilon, Psychologische Psychotherapeutin: Psychische Folgen eines Schlaganfalls
- Michael Limbrunner, Leiter Rettungsdienst BRK Weilheim-Schongau: Rettungskette und Notfallversorgung
- Jana Krämer, Geschäftsführerin VdK Oberland: Sozialrecht und Schwerbehindertenrecht
- Marion Lunz-Schmieder, Richterin: Pflege- und Betreuungsrecht
- Sebastian Haider, Sanitätshaus Schindler: Hilfsmittelversorgung
- Laura und Marvin Wolf, Therapiezentrum Wolf: Logopädie und Kommunikation mit sprachgestörten Menschen
- Iris Schessl, BRK Weilheim-Schongau: Psychosoziale Notfallversorgung und Gesprächsführung
Ein besonderes Highlight der Schulung war der Besuch in der Stroke Unit des Krankenhauses Weilheim. Hier konnten die Teilnehmer den gesamten Prozess der Akutversorgung – von der Einlieferung mit dem Rettungsdienst bis zur stationären Betreuung – hautnah erleben.
Qualitätssicherung und Fortbildung
Die hohe Qualität dieses Ehrenamts ist dem BRK ein großes Anliegen. Das erworbene Zertifikat ist drei Jahre gültig und kann durch regelmäßige Fortbildungen verlängert werden. Zudem absolvieren alle Helfer im ersten Jahr einen Erste-Hilfe-Kurs, um auf Notfälle vorbereitet zu sein.
Ehrenamt mit Herz: Die Zertifikatsübergabe
Nun, nach intensiven Wochen der Vorbereitung, werden die 16 neuen Schlaganfall-Helfer offiziell in ihr Ehrenamt starten. Im Rahmen einer feierlichen Zertifikatsübergabe am 22. Februar 2025 wurde ihr Engagement gewürdigt.
Die Schlaganfall-Helfer haben beweisen, dass Ehrenamt weit über klassische Tätigkeiten hinausgeht. Sie schenken den Betroffenen nicht nur Zeit und Unterstützung, sondern auch Hoffnung und Zuversicht – ein unschätzbar wertvoller Beitrag für unsere Gesellschaft.
Jenni Hanzlik, Sozialarbeiterin beim BRK, hat die Schulung selbst mitgemacht und begleitet. Als Projektleiterin des BRK setzt sie sich mit großem Engagement dafür ein, Betroffene und Ehrenamtliche zusammenzubringen. Durch ihre enge Begleitung der neuen Gruppe kann sie bestätigen, dass die 16 Ehrenamtlichen mit viel Motivation und Herzblut an ihre neue Aufgabe herangehen. Jeder Einzelne bringt Einfühlungsvermögen, Wertschätzung und ein großes Herz für die Betroffenen mit. Niemand muss Angst oder Sorgen haben – die Helfer freuen sich auf ihre Einsätze und stehen den Schlaganfall-Betroffenen mit voller Unterstützung zur Seite.
Gleichzeitig blickt Jenni Hanzlik bereits in die Zukunft: Sie hofft, dass sich noch viele weitere Interessierte finden, die diese Schulung absolvieren und Teil dieses großartigen Teams werden möchten. Denn je mehr Menschen sich engagieren, desto mehr Betroffene können von dieser wertvollen Unterstützung profitieren.
Betroffene und Angehörige können sich jederzeit beim BRK melden und um eine Vermittlung bitten. Das BRK arbeitet eng mit dem Sozialdienst des Krankenhauses Weilheim zusammen. Wird ein Patient mit einem Schlaganfall eingeliefert, kann der Sozialdienst Angehörige, die nicht weiterwissen, auf die Schlaganfall-Helfer hinweisen und direkt Kontakt zu Jenni Hanzlik beim BRK aufnehmen. In solchen Fällen kann ein Ehrenamtlicher bereits im Krankenhaus zur Unterstützung der Angehörigen zur Seite stehen. Zudem kann der Sozialdienst betroffene Patienten über dieses Angebot informieren.
Zukünftig plant das BRK, auch auf die umliegenden Rehakliniken zuzugehen, um dieses wertvolle Projekt noch bekannter zu machen und weitere Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene zu schaffen.
Ein besonderer Dank gilt dem Landkreis Weilheim-Schongau, der dieses Projekt mit einer großzügigen Sozialförderung unterstützt. Durch diese finanzielle Hilfe können die Ehrenamtlichen mit notwendigem Material und entsprechender Kleidung ausgestattet werden, was ihre Arbeit erheblich erleichtert. Das BRK Weilheim-Schongau schätzt diese Unterstützung sehr und freut sich, mit dieser Förderung noch mehr Menschen erreichen zu können.