Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhold Lang | Chefarzt
Damit das Herz Blut durch den Körper pumpen kann, muss es sich zusammenziehen und wieder entspannen. Geschieht dies in einem regelmäßigen Rhythmus, nehmen wir den Herzschlag nicht einmal wahr, denn in der Regel wird uns dieser erst bewusst, wenn sich der Herzrhythmus verändert, wie beispielsweise beim Sport.
Kommt es allerdings ohne körperliche Anstrengungen zu Abweichungen vom normalen Rhythmus, spricht der Mediziner von Herzrhythmusstörungen. Diese müssen nicht immer gefährlich sein, sollten jedoch auch nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Denn sie können Boten anderer Herzerkrankungen sein oder gravierende Folgen auslösen, wie zum Beispiel einen Schlaganfall. Deshalb sollten Sie achtsam sein, wenn das Herz aus dem Takt gerät.
INHALTSVERZEICHNIS
Bei Erwachsenen schlägt das Herz pro Tag ungefähr 100.000-mal. Arbeitet es normal, liegt die Herzfrequenz (Pulszahl) in einem Bereich von 60 bis 100, im Mittel bei etwa 70 Schlägen pro Minute. Bei Kleinkindern und Säuglingen ist die Frequenz höher, sie kommen auf circa 130.000 bzw. 180.000 Schläge pro Tag, im Durchschnitt liegt die Pulszahl pro Minute bei 90 bzw. 120.
Der Herzschlag selbst ist das rhythmische Zusammenziehen des Herzmuskels, das durch einen elektrischen Impuls ausgelöst wird. Impulsgeber (Taktgeber) ist der Sinusknoten, der sich im oberen Bereich des rechten Herzvorhofs (Atrium) befindet. Von diesem gelangen die Impulse zum AV-Knoten (Atrio-Ventrikular-Knoten), der in der Verbindung zwischen Vorhöfen und Herzkammern liegt. Dieser fungiert als eine Art Doppelstecker und verteilt die Stimuli auf die linke und rechte Herzkammer.
Ist der Takt bzw. Rhythmus der elektrischen Impulse regelmäßig, schlägt das Herz im sog. Sinusrhythmus (normaler Herzschlag). Weicht es von diesem ab - kommt es also aus dem Takt - spricht der Mediziner von Herzrhythmusstörungen (kurz HRS).
Die Klinik für Innere Medizin Weilheim verfügt über 62 Betten einschließlich einer nicht-invasiven Überwachungseinheit mit vier Monitorplätzen. Eine interdisziplinäre 24-Stunden besetzte Notaufnahme gewährleistet unseren Patienten durchgehend ärztliche Hilfe und Versorgung.
Die interdisziplinäre Intensivstation wird in Kooperation mit der Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin betrieben. Pro Jahr werden 3.400 stationäre internistische Patienten und 1.200 ambulante internistische Notfallpatienten behandelt. Das Klinikteam setzt sich aus dem Chefarzt, drei Oberärzten und zehn Assistenten zusammen.
Herzrhythmusstörungen können verschiedene Formen annehmen, je nachdem, wie sich die Abweichung vom Sinusrhythmus darstellt:
Erfolgt die Einteilung nach dem Entstehungsort wird von supraventrikulären Rhythmusstörungen (Vorhof), ventrikulären Herzrhythmusstörungen (Kammer) und Störungen des Erregungsbildungs- und Erregungsleitungssystems gesprochen. Bekannte Formen nach dieser Systematik sind beispielsweise Vorhofflimmern / -flattern oder der plötzliche Herztod.
Werden der Entstehungsort und die Abweichung vom Sinusrhythmus zusammengeführt, ergeben sich folgende Rhythmusstörungen:
Zusätzliche Herzschläge aus Vorhöfen oder Herzkammern gefolgt von einer längeren Pause (Herzstolpern) kommen häufig vor, sind fast immer harmlos und müssen in den meisten Fällen nicht behandelt werden. Ventrikuläre Extrasystolen können auf Herzerkrankungen (wie zum Beispiel: Koronare Herzkrankheit sowie Herzmuskelentzündung, -insuffizienz oder Herzklappenfehler) hindeuten und sollten daher ärztlich abgeklärt werden.
Bradykardie ist ein zu langsamer Herzschlag, Erkrankungen des Sinusknotens oder gestörte Übertragung vom AV-Knoten auf die Herzkammern (AV-Block).
Vorhofflimmern ist ein unregelmäßiger und oft auch zu schneller Herzschlag "elektrisches Gewitter" in den Vorhöfen des Herzens. Es ist dauerhaft oder zeitweise nicht unmittelbar gefährlich, hat aber mögliche Folgen wie den Schlaganfall (Hirnschlag) durch die Bildung von Blutgerinnsel. Die Herzschwäche sollte ärztlich abgeklärt werden.
Vorhofflattern ist eine Rhythmusstörung im rechten Vorhof mit zu schnellem Herzschlag. Der Puls kann dabei sowohl regelmäßig wie unregelmäßig sein.
Hier handelt es sich um einen schnellen Herzschlag, der oft anfallsartig aber nicht unmittelbar lebensbedrohlich ist, aber die Lebensqualität beeinflussen kann. Er sollte ärztlich abgeklärt werden.
Die Herzkammern schlagen in einem hohen Tempo. Das Zusammenziehen und lösen erfolgt unkontrolliert und sehr schnell. Es beeinträchtigt die Pumpleistung (füllen und entleeren der Kammern), und stellt eine Notfallsituation dar (kann in Kammerflimmern übergehen).
Die elektrische Stimulation der Herzkammern (über 250-mal pro Minute Pumpleistung) versagt vollkommen (Herz-Kreislaufstillstand). Es ist sofortiger Einsatz von lebensrettenden Maßnahmen notwendig (Herzmassage, Defibrillator).
Die Ursachen sind beinahe genauso vielfältig wie die Störungen selbst. So können Herzrhythmusstörungen durch Stress oder andere äußere Umstände entstehen, angeboren sein oder eine organische Ursache haben, wie die folgende Übersicht zeigt:
Bei Herzrhythmusstörungen treten als erste Anzeichen oft Müdigkeit und Mattigkeit auf, ohne dass es zu einer Anstrengung kommt, also bei ganz normalen, gewohnten Tätigkeiten.
Schlägt das Herz zu schnell, wird dies oft als Herzrasen oder Herzklopfen / -pochen wahrgenommen. Begleitende Symptome dieser Herzrhythmusstörungen sind Unruhe, Nervosität oder Angst. Des Weiteren sind Schwindel, Kurzatmigkeit oder ein Schmerz in der Brust möglich.
Liegt der Herzschlag bei über 200 Schlägen pro Minute können Verwirrtheit, Benommenheit oder Bewusstlosigkeit auftreten.
Schlägt das Herz zu langsam, treten folgende Symptome auf:
In manchen Fällen kann es auch zu einer Ohnmacht kommen.
Da Herzrhythmusstörungen harmlos oder gefährlich sein können, sollten sie in jedem Fall von einer Ärztin / einem Arzt abgeklärt werden. Am Beginn der Diagnosefindung steht ein ausführliches Gespräch. In diesem werden Fragen über die Symptome der Herzrhythmusstörungen Vorerkrankungen die Einnahme von Medikamenten Herzerkrankungen in der Familie gestellt.
Des Weiteren sollte genau geschildert werden, in welchen Situationen die Herzrhythmusstörungen (beispielsweise durch Stress) auftreten.
Als Untersuchungsmethoden kommen zum Einsatz:
Das EKG ist die wichtigste Untersuchung bei Herzrhythmusstörungen. Dabei werden über Elektroden, die am Körper im Liegen angebracht werden, die Herzströme für die Dauer von zwei bis fünf Minuten aufgezeichnet. Anhand dieser kann die Ärztin / der Arzt die Rhythmusstörung erkennen.
Da Herzrhythmusstörungen nicht zwangsläufig auftreten müssen, wenn der Arztbesuch stattfindet, kommt oft ein Langzeit-EKG zum Einsatz. Dieses zeichnet die Herzströme über ein kleines Gerät, das am Körper getragen wird, bis zu sieben Tage auf.
Ebenfalls zur Dokumentation dient der sog. Ereignisrekorder. Dieses Gerät schaltet die Patientin / der Patient ein, sobald Beschwerden auftreten. Wie beim EKG kann die Ärztin / der Arzt anhand der Aufzeichnungen die Herzrhythmusstörung erkennen.
(Echokardiografie)
Die Echokardiografie ist eine zusätzliche Untersuchung, bei der das Herz "sichtbar" gemacht wird. Sie dient der Beurteilung der Herzgröße, Herzwände, Herzklappen und Herzbewegung.
Weitere Untersuchungsmehoden, die zur Abklärung der Ursachen von Herzrhythmusstörungen angewendet werden, sind:
Ob eine Herzrhythmusstörung behandelt werden muss, hängt von der Form ab. Ist eine Therapie notwendig, richtet sich diese nach der Ursache. Während früher Herzrhythmusstörungen allgemein als bedrohlich angesehen worden sind, wird heutzutage eine Therapie nur eingeleitet, wenn die Gefahr eines plötzlichen Herztods oder eines Schlaganfalls, Auswirkungen auf die körperliche Leistungsfähigkeit oder Belastungen bei der Patientin / beim Patienten (wie Schwindel, Herzrasen oder Unwohlsein) bestehen.
Medikamente wie Betablocker oder Antiarrhythmika (Rhythmusmedikamente) können Herzrhythmusstörungen, die nicht lebensgefährlich sind, unterdrücken bzw. seltener, kürzer oder erträglicher werden lassen.
Ein Herzschrittmacher kommt zum Einsatz, wenn das Herz zu langsam schlägt. Um den normalen Herzschlag anzuregen, sendet das nur einige Zentimeter große Gerät aus Titan einen elektrischen Impuls ab. Implantiert wird der Herzschrittmacher im Brustkorb unter der Haut. Eine Sonde, die in eine Vene eingeführt wird, stellt die Verbindung zum Herzmuskel her. Sie wird in der Spitze der rechten Herzkammer verankert. Arbeitet das Gerät mit zwei Sonden, wird die zweite im rechten Vorhof befestigt.
Der chirurgische Eingriff findet unter einer örtlichen Betäubung statt. Er gilt als risikoarm und erfordert in der Regel keine besonderen Vorbereitungen. Die Batterie eines Herzschrittmachers hält bis zu 15 Jahren, je nachdem, wie er eingestellt ist.
Die Kardioversion wird u. a. bei Vorhofflimmern angewendet. Ziel ist es, das Herz durch einen dosierten Stromstoß wieder in den Sinusrhythmus zu bringen. Dazu werden auf der Brustwand Elektroden befestigt. Die Behandlung erfolgt unter Narkose, die jedoch nur wenige Minuten dauert. Eine Nachsorge ist in der Regel nicht notwendig. Die Patientin / der Patient kann das Krankenhaus nach einer Kardioversion sofort wieder verlassen.
Bei einer Katheter-Ablation wird jenes Gewebe im Herzen verödet, dass die Herzrhythmusstörung verursacht. Zur Anwendung kommt die Methode beispielsweise bei supraventikulären Tachykardien und bei Vorhofflattern.
Bei der Behandlung wird ein Katheter an jene Stelle im Herzgewebe geführt, die verödet werden soll. Anschließend wird die Katheterspitze erhitzt, wodurch das Gewebe, das für die Herzrhythmusstörungen verantwortlich ist, zerstört wird. Die Katheter-Ablation wird ambulant im Krankenhaus durchgeführt. Sie kann mehrere Stunden dauern und gelegentlich
Schmerzen verursachen, gegen die ein Schmerzmittel verabreicht wird.
Das Einsetzen eines Kardioverter-Defibrillators ist oft nach erfolgreicher Reanimation einer Kammertachykardie notwendig.
Mit einem transvenösen ICD werden die meisten gefährlichen Herzrhythmusstörungen über eine Simulation beendet. Zudem kann er als Herzschrittmacher fungieren, da er wie dieser über eine Sonde mit dem Herzmuskel verbunden ist. Die Implantation des Geräts erfolgt meist ambulant unter örtlicher Betäubung.
Ein subkutaner S-ICD wird ebenfalls unter die Haut implantiert. Allerdings berührt er weder das Herz noch Blutgefäße, sondern ist mit einer implantierten Elektrode verbunden, die Herzrhythmusstörungen über Stromstöße beendet. Beim S-ICD erfolgt der Eingriff unter Narkose und dauert ungefähr eine Stunde. Er wird nicht ambulant durchgeführt, sondern erfordert einen Krankenhausaufenthalt von einem Tag. Die Batterie hat eine Lebensdauer von vier bis fünf Jahren.
Bewährte Methoden, den Herzrhythmus selbst wieder zu normalisieren, sind die sog. Vagusmanöver. Bei diesen wird der Vagus-Nerv, der an der Steuerung des Rhythmus beteiligt ist, angeregt. Zu den Manövern gehören:
Wie Sie die Vagusmanöver richtig anwenden, zeigt Ihnen Ihre Ärztin / Ihr Arzt.